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Wolfgang Julius von Hohenlohe-Neuenstein (1622-1698)

letzter in Neuenstein residierender Graf von Hohenlohe

Wolfgang Julius wurde 1622 in Neuenstein geboren. Er starb auch hier, 1698, und wurde in der hiesigen Kirche prunkvoll bestattet. Man hat den Eindruck, er sei ein bodenständiger Hohenlohe gewesen, aber genau das war er nicht. Er war jemand, der weiträumig Erfahrungen gemacht und als Türkenbezwinger einen bedeutenden Nachruhm erlangt hat. Schon seine Ausbildung in Tübingen, später die Wirren des Dreißigjährigen Krieges entfremdeten ihn vom Geburtsort. Die Flucht vor den kaiserlichen Truppen führte den Protestanten über Worms nach Straßburg. Die Familie wohnte eine Zeit lang im thüringischen Ohrdruf, Außenbesitz der Hohenlohe-Neuenstein. Die Schrecken des Krieges hinterließen bei Wolfgang Julius ihre Spuren. Als 15Jähriger wurde er von einer feindlichen Patrouille aufgegriffen und zog sich bei dem Gefecht einen Schuß ins Gesicht zu. Die Narben blieben zeitlebens.

Wolfgang Julius war 19, als sein Vater 1641 starb. Die Mutter Sophia übte in der Neuensteiner Residenz die Regentschaft für die minderjährigen Söhne aus. Wolfgang Julius blieb zwei Jahre bei ihr. Dann begann er eine Kavaliersreise nach Frankreich, das für den Adel als fortschrittlich und vorbildlich galt. Aus Geldnot suchte er bald nach einer Verdienstmöglichkeit. Er trat in das Regiment des in französischen Diensten stehenden Reichsmarschalls Rantzau ein. Am französischen Hof herrschten heftige Intrigen, die auch Wolfgang Julius verstrickten. Er geriet in Gefangenschaft und mußte in Antwerpen eine siebenmonatige Haft verbüßen.

Erst 1657 konnte er nach Deutschland zurückkehren. Der Dreißigjährige Krieg war längst vorbei. Aber auch jetzt hatte man Verwendung für einen Militär. Gerade war die "Oberrheinische Allianz" gegründet worden, ein Zusammenschluß wichtiger Reichsterritorien. Wolfgang Julius wurde Generalleutnant der Truppen der Allianz.

An der Südostgrenze des Reiches wurde das Türkenproblem akut. Seit langem übten sie Druck auf den südöstlichen Bereich des Reiches aus. Neben anderen Militärs wurde Wolfgang Julius für die Bekämpfung der Türken ausgewählt. Die Truppen des Hohenlohe wurden in der Steiermark einquartiert, um die kroatische Grenze zu bewachen. Im Januar 1664 betrat Wolfgang Julius mit seinen Truppen ungarischen Boden. Die Vesten Bresnitz und Baböcsa wurden problemlos bezwungen. Dann richtete sich der Angriff auf Fünfkirchen. Bei den Kampfhandlungen; trat Wolfgang Julius besonders hervor. Unter mutigem Einsatz eroberte er die hartnäckig verteidigte türkische Fahne. Die Türken zogen sich in die Befestigung zurück. Wolfgang Julius verwüstete zunächst die umliegenden Dörfer.

Der kaiserliche Befehlshaber Zriny geriet mit dem Hohenlohe in Streit, da er diesem die Eroberung der Befestigung und den damit anfallenden türkischen Schatz nicht gönnte. Auf eine Erstürmung der Festung Fünfkirchen wurde verzichtet. Die Stadt wurde aber am 7. Februar evakuiert und niedergebrannt. Anfang August 1665 fand eine Entscheidungsschlacht bei St. Gotthardt statt, die zum Sieg über die Türken führte. Am 10. August wurde der Friede geschlossen.

Wolfgang Julius war mit 6.500 Mann in den Krieg gezogen. Er kam mit 800 Mann zurück. Er hatte sich zahlreiche Verletzungen zugezogen, aber auch Anerkennung erhalten: vom Kaiser Leopold und sogar von König Ludwig XIV. von Frankreich. Für seine Verdienste wurde er zum Generalfeldmarschall befördert. Er stand auf dem Höhepunkt seiner militärischen Karriere, die mit diesen Erfolgen aber auch endete.

Er war 43 Jahre alt und es war Zeit, in den Ehestand zu treten. Die Wahl fiel auf Sophia Eleonora, Tochter des Herzogs von Schleswig-Holstein. Am 18. August 1666 wurde auf Schloß Plön Hochzeit gefeiert. In Neuenstein übte noch immer die Mutter für ihre vier Söhne die Regentschaft aus. Nach Eintritt der Mündigkeit führten die Söhne unter Beteiligung der Mutter eine gemeinschaftliche Regierung in Neuenstein.

Wolfgang Julius hatte keine eigene Residenz. Er kaufte sich die Herrschaft Wilhermsdorf bei Nürnberg. Die dortige alte Burg ließ er abtragen und erbaute in zeitgemäßem Barockstiel ein eigenes Schloß mit kleinem Park. Die Ehe mit Sophia Eleonora war sehr glücklich, blieb jedoch kinderlos. Nach 22 Jahren starb die Ehefrau. Wolfgang Julius, damals 67jährig, heiratete am 4. September 1689 in Wilhermsdorf zum zweiten Mal, und zwar Franziska Barbara von Welz.

Bis zum Tod der Mutter 1676 hatten sich die vier Brüder nicht auf eine Aufteilung der Herrschaft einigen können. 1677 kam es zur Teilung, die alle vier Brüder gleichwertig berücksichtigte. Wolfgang Julius erhielt Neuenstein, Johann Friedrich Öhringen, Siegfried Weikersheim und Johann Ludwig Künzelsau, jeweils mit zugehöriger Herrschaft. Als 1684 Wolfgang Julius Brüder Siegfried bzw. 1689 Johann Ludwig kinderlos starben, fiel deren Anteil an Wolfgang Julius und seinem Bruder zurück.

Seit 1677 war Wolfgang Julius Graf von Hohenlohe-Neuenstein-Neuenstein. Zu seiner Herrschaft gehörten die Ämter Neuenstein, Kirchensall und Forchtenberg. Es war eine kleine Herrschaft. Solche kleineren Einheiten sind aber typisch für die damalige Zeit. Neuenstein war das Zentrum, hier befanden sich die Zentralbehörden. Hier war die eigentliche Residenz des Grafen. Wolfgang Julius hat aber das modernere Wilhermsdorf gegenüber dem alten Neuensteiner Schloß bevorzugt. Man hat ihm vorgeworfen, Neuenstein zu vernachlässigen.

Am 26.Dezember 1698 starb Wolfgang Julius im Alter von 77 Jahren in Neuenstein. Sein Leichnam wurde in der Gruft unter dem Chor der Neuensteiner Kirche beigesetzt, wo die Grabstätte der Neuensteiner Linie lag. Die Kirche erhielt den noch heute bestehenden zweigeschossigen Vorbau. Der Halbmond über dem Dach erinnert an die wichtigsten Leistung des Hohenlohe, die Bekämpfung der Türken. In dem Vorbau wurde der prachtvolle Kenotaph untergebracht, der in 12 Schlachtenreliefs an die Taten des Grafen erinnert. Heute steht er im Chor der Kirche.

Mit dem kinderlosen Tod des Wolfgang Julius fiel dessen Herrschaft an den einzig überlebenden Bruder Johann Friedrich, der in Öhringen residierte. Damit vereinigte dieser den hohenlohe-neuensteinischen Besitz. Die Zeit Neuensteins als hohenlohische Residenzstadt war beendet.

Würdigt man Wolfgang Julius unter Berücksichtigung seines Verhältnisses zu Neuenstein, so muss man folgendes feststellen. Er war ein Einwohner Neuensteins, der in seinerzeit Herausragendes vollbrachte. Er war also ein sehr bedeutender Neuensteiner, den man kennen sollte. Er war meistens irgendwo in der Welt und viel zu selten in Neuenstein. Und er war - leider - der letzte Graf von Hohenlohe, der in Neuenstein residierte.

Dr. Peter Schiffer