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Wendel Hipler - Ein bedeutender Neuensteiner

Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten in der Geschichte Hohenlohes war der "Bauernkanzler" Wendel Hipler. Sein Vater, Michael Hipler aus Neuenstein, stand bereits in Diensten des Hauses Hohenlohe. Wendel Hipler aus Neuenstein wurde 1482 in Leipzig als Student eingeschrieben; er muß also etwa 1465 geboren sein. Nach seiner Rückkehr nach Neuenstein trat er in den Dienst des Grafen Albrecht II.

Unter Albrecht fängt jene Entwicklung an, die nach dessen Tode sein Neffe Kraft VI. fortgeführt hat: die Ordnung von Verwaltung und Recht, die Zusammenfassung der verschiedenen hohenloheschen Lande und Lehen zu einem Staat.

Bei den hohenloheschen Grafen erfuhr der Sekretär Hipler seine Ausbildung zum Staatsmann und hat an der Entwicklung des Landes seinen Anteil; wir finden seine Handschrift in Lehen und Gültbüchern, in Verträgen und Briefen, ja in den persönlichen Angelegenheiten des gräflichen Hauses; er wohnt der Belehnung mit Neufels in Amorbach bei, er vertritt den Landesherrn gegenüber den hochmütigen Stiftsherren von Öhringen, die sich darüber beklagen, dass "Wendel Schreiber ihnen wegen ihres Lebenswandels heftige Vorwürfe gemacht habe, er bemüht sich um die Unterbringung der zahlreichen Söhne und Töchter des Grafen in geistlichen Pfründen und vermittelt wohl gelegentlich, wenn Schulden des ältesten Sohnes, des Mainzer Domherrn, bezahlt werden müssen. Wir besitzen noch die Verlängerung seiner dienstlichen Verpflichtung, in der Kanzlei und im Schloß "als getreuer Knecht" zu dienen (1496).

Als nach dem Tode Krafts 1503 der fünfundzwanzigjährige Domherr Albrecht III. die Regierung vorläufig übernahm, später gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Georg, da besaß naturgemäß der bewährte Diener des Vaters großen Einfluß, vielleicht mehr, als dem jungen Manne immer lieb war. In Albrechts Abwesenheit führte er die Geschäfte ziemlich selbständig und ermahnte den jungen Herrn, was er zu tun habe, um kein Recht zu versäumen. Das Urteil der Zeitgenossen über den mächtigen "Kanzler" hat später Götz von Berlichingen ausgesprochen: "ein feiner, geschickter Mann und Schreiber, als man ungefährlich einen im Rat finden sollt."

Inzwischen war Hipters persönliches Vermögen gewachsen. Als Erbteil besaß er neben Grundstücken ein Haus in Neuenstein am unteren Tor, das er 1510 verkaufte. Zwei Ehen mit ehrbaren Bürgertöchtern der Reichsstädte mehrten sein Gut, seine Einnahmen aus der Kanzlei stiegen. Er hat mehrere fromme Stiftungen gemacht, vor allem aber legte er sein Vermögen in Grundbesitz an, erwarb Äcker, Wiesen und Gülten bei Öhringen, dazu zwei Höfe, Stolzeneck und Platzhof, mit guten Fischteichen.

In den Mainhardter Bergen erwarb er Waldland bei Wüstenrot als Mannlehen. Der Hof Mittelfischbach bei Finsterrot wurde seine Lieblingsschöpfung: er legte sich ein Siegel mit den beiden Fischen im Bach zu und schrieb sich bereits 1507 gelegentlich "Wendel Hipler von Vischpach". Die 1511 erfolgte "Erbeinung" sollte die Einheit des Hauses Hohenlohe sichern, was auch für viele Jahre gelang - ein Werk aus dem politischen Geist des Grafen Kraft, unter Mitwirkung des Sekretärs Wendel Hipler. Aber Hipler selbst, der offenbar bereits damals mit dem Grafen Albrecht nicht mehr gut stand, trat 1512 auf drei Jahre in den Dienst des Grafen Georg, des Freundes der armen Leute. Um jene Zeit bestanden zwischen den gräflichen Brüdern Spannungen, die mit der Teilung der Herrschaftsrechte und dem gemeinsamen Besitz an Öhringen zusammenhingen. Graf Ludwig von Löwenstein mußte einen Schlichtungsvertrag aufsetzen, in dem ausdrücklich auf die "wachsenden Irrungen und Unwillen" zwischen Graf Albrecht und Hipler hingewiesen wird. Albrecht hatte Vieh aus Stolzeneck, das Hipler an Graf Georg verkaufte, abfangen lassen und nahm sich zudem der Beschwerden an, die verschiedene Nachbarn gegen Hiplers Höfe vorbrachten. Auch diese örtlichen Streitigkeiten - Hipler habe seine Fischte zu sehr schwellen lassen, sodass Wege und Wiesen der Nachbarn Schaden litten, seine Hofleute hätten die Nachbarn am Holz geschädigt und dergleichen - musste ein "ausländisches" Schiedsgericht des Grafen von Löwenstein und der Reichsstädte schlichten. Nach Beilegung der vierzehn Steitpunkte - Hipler musste in den meisten Fällen Schadenersatz leisten -folgt der überraschende fünfzehnte Punkt des Vertrages vom 4. Mai 1514: Zur Vermeidung künftiger Irrung soll Hipler seine Höfe und Weiher Stolzeneck und Platzhof dem Grafen Albrecht um zweitausend Gulden verkaufen; der Preis wurde ihm in einem weiteren Vertrag in Form einer Jahresrente von hundert Gulden aus Stadt und Amt Forchtenberg zugesichert; auch die Urkunden hierüber (1515) tragen die Form von Staatsverträgen.

Hipler blieb im Dienste des Grafen Georg, Albrechts Bruder. Schließlich gelang es jedoch Albrecht, Georg und Hipler zu entzweien. Hinzu kam ein weiterer Neider auf seine Güter in Fischbach und Finsterrot, Ulrich Greiner, genannt Glaser von Stangenbach, der seine Glashütten ausbauen wollte und nach Hiplers Gut trachtete. Hipler war in dieser Zeit vielen Angriffen ausgesetzt, Graf Albrecht beschlagnahmte sein Holzlager bei Ohrnberg, Graf Georg zahlte die ausstehende Besoldung nicht und schließlich wurde dem Wirt Öchslin in Fischbach, Hiplers Haushalter, die Wirtschaft durch hohenlohesche Reisige geschlossen. So klagte nun Hipler beim Reichskammergericht gegen Hohenlohe. Gleichzeitig führte er einen Prozess gegen Ulrich Greiner beim Hofgericht in Rottweil, das schließlich Greiner verurteilte. In seinen Klageschriften gegen Hohenlohe fordert er wiederholt "Recht und Gerechtigkeit". Damit stimmt er den Ruf an, der von Jahrhundert zu Jahrhundert seit uralten Zeiten und immer wieder von neuem durch das Volk geht: Recht und Gerechtigkeit. Aber Recht und Gerechtigkeit gegen die Mächtigen dieser Erde zu fordern, war damals aussichtslos; die Pro- zesse am Reichskammergericht überdauerten häufig das Leben der Ratsuchenden. Wie von selbst kam dadurch Hipler mit denen in Fühlung, die in Deutschland nach Recht und Gerechtigkeit riefen und eine Reform, eine Erneuerung der irdischen Ordnung nach Gottes Wort verlangten. Der Mann, der vielleicht einst davon geträumt hatte, ein Ritter zu werden, wurde zum Anwalt der Bauern und der Armen.

Am Sonntag Judika, dem 2. April 1525, brach der Bauernkrieg in Franken aus. Die Hohenloher Aufständischen, geführt von Freunden Hipiers, nötigten die Grafen zum Anschluss an die Bewegung (Grünbühl), Hipler selbst war im Lager des "Odenwälder Haufens" einer der vornehmsten Ratgeber; er wird als Feldschreiber, zuweilen als oberster Kanzler der Bauern bezeichnet und siegelt manches Schriftstück mit seinem persönlichen Siegel. Die Gegenpartei konnte später mit Recht sagen, dass "Wendel Hipler als ein Mitstifter und Oberer der Aufrührerischen mit sonderlichem Ernst, Mühe und Fleiß sich bearbeitet, damit wie der Anfang, so auch das Mittel und Ende der Empörung möge bedacht und hausgeführt werden." Dabei zeigt es sich bald, dass er klare politische Vorstellungen und Ziele hatte: er wollte Ritterschaft und Reichsstädte mit der Bewegung der Bauern und armen Handwerker verbinden, er veranlasste die Aufnahme der Grafen von Henneberg in die Bruderschaft, er wollte den Kurfürsten von Sachsen als Freund des Evangeliums gewinnen, er bewirkte die Anstellung seines alten Bekannten Götz von Berlichingen als Feldhauptmann und suchte in der Amorbacher Erklärung die theoretische Schärfe der zwölf Artikel der Bauern praktisch zu mildern. Hätten doch die Bauern auf ihn gehört, welch andere Wendung hätte dieser Krieg genommen!

Doch die Weinsberger Bluttat vom Ostersonntag 1525, Plünderungen und Zerstörungen, die mit dem Aufruhr verbunden waren, brachte Männer wie Luther, die stärkste moralische Autorität des damaligen Deutschland, ins gegnerische Lager. Mit diesen Ausschreitungen wollte auch Hipler nichts zu tun haben. Dennoch setzte der kluge Mann seinen ganzen Einfluss weiter ein für eine neue und gerechte Ordnung und berief einen Kongress in den Heilbronner Deutschordenshof. Er plante, die einzelnen Bauernhaufen zu einem gemeinsamen Ratschlag zusammenzufasssen und eine Verwaltung der eroberten Gebiete einzurichten. Kein anderes Schriftstück der Bauernbewegung richtet so wie diese Heilbronner Tagesordnung den Blick auf die Gesamtheit der Bewegung. Inzwischen hatte das Landsknechtsheer der Fürsten unter dem Truchseß von Waldburg die schwäbischen Bauern bei Böblingen geschlagen. Hipler musste seine Beratungen in Heilbronn abbrechen, er ritt zum fränkischen Bauernheerzurück und versuchte zu retten was zu retten war. Um Zeit zu gewinnen, unternahm er den Versuch, mit dem Truchseß Verhandlungen zu führen, was misslang.

Die Bauern zogen sich vor dem bündischen Heere schleunigst zurück. Bei Adolzfurt trennte sich Götz von Berlichingen von dem Bauern, doch Hipler blieb der Sache treu. Tapfer kämpfte er noch in der Schlacht bei Königshofen am 2. Juni 1525. Dem Gemetzel entzog er sich durch Flucht. Sein Mantel bleib als Trophäe in den Händen der Sieger. Der Truchseß sprach Hiplers Güter, insbesondere die Forchtenberger Rente, den Hohenlohern als Entschädigung zu. Es kam die Zeit, in der die Teilnehmer der Bauernbewegung ihre Mitwirkung beschönigten oder sogar leugneten. Hipler zog verkleidet durch das Land und erneuerte schließlich in Rottweil seine Klage gegen Hohenlohe. Er schrieb an Götz und an die Reichsstädte und berief sich darauf, dass er als angestellter Feldschreiber mit den Bauern gezogen sei und überall gegen schlimme Ausschreitungen gewirkt habe. Wieder setzte er einem Bauern eine Schadenersatzklage gegen Hohenlohe auf. Dann besuchte er mit verstellter Nase und verkleidet den Reichstag in Speyer 1526.

Kurz danach geriet er in Gefangenschaft des Pfälzers, seines letzten Landesherrn. Der Deutschordenkanzler schrieb am 9. September 1526, Hipler wolle sich nicht martern lassen und sage auf alle Fragen die Wahrheit, was nicht jedem gefallen möge. Er war es müde geworden, sich zu verstellen und bekannte sich zu der Sache, die er vertreten hatte. Kurz danach erlag er einer Krankheit in ritterlicher Haft in einer Stube des Heidelberger Schlosses.

Herbert Kümmerle